Crunchtime-Wahnsinn: Zweite Bären gewinnen Topspiel

Was für eine Geschichte: Der SV Neukölln 09 2 liegt bei Basketball Berlin Süd 37 Minuten lang zurück und siegt am Ende trotzdem. In einem würdigen, hochklassigen, umkämpften Topspiel in der Bezirksliga C müssen sich die Lankwitzer sogar zweistellig geschlagen geben: 74:84.

Die zweite Bärenmannschaft kommt als Überraschungsteam zum Duell an der Dessauer: Vier Spiele, vier Siege hätte dem Aufsteiger kaum jemand zugetraut. Mit BBS war dagegen durchaus zu rechnen – denkbar knapp wurde in der Vorsaison der Landesliga-Aufstieg verpasst, und in dieser Saison wurden die bisherigen Gegner teilweise deklassiert. Die Heimmannschaft hat somit in jedem Fall den Favoritenstatus in dieser Begegnung.

Und diesem werden die Lankwitzer auch vom Start weg gerecht: Das junge Team wirkt fit und fokussiert und setzt die Bären sofort auf dem gesamten Spielfeld unter Druck. Während der SVN Probleme hat, überhaupt Würfe zu bekommen und diese zu verwerten, trifft BBS erst einmal alles: Mitteldistanz, Dreier, Freiwürfe, alles drin. 7:0. Auszeit Neukölln. Eine gute Auszeit, denn direkt im Anschluss gibt es die ersten Punkte für die Gäste. Über zwei dribbelstarke Aufbauspieler und sicheres Passspiel schaffen es die Bären, gegen die Presse zu bestehen und ihrerseits zum Korb zu ziehen. Doch die Hausherren kommen auch immer wieder hinter den Ball und lassen jeden Punkt hart erarbeiten. Beide Teams sind nach sieben Minuten im Bonus – die Refs behalten hier mit einer strengen Linie die Kontrolle. BBS hält so relativ locker den Vorsprung. 25:18.

Maximaler Einsatz auf beiden Seiten, starke Korbaktionen und viel Kampf – das ist Werbung für den Bezirksliga-Basketball hier! Und tatsächlich schaffen die Bären ein paar Stops durch die ersten verworfenen Chancen von BBS, kommen bis auf einen Punkt heran. Fouls sind auch mal dabei, und auch an der Linie zeigen beide Teams Klasse (4/6 für BBS, 8/10 für den SVN). Dann zeitigt die allgegenwärtige Full Court Press der Hausherren einige Wirkungstreffer: Die bisher technisch perfekte Vorstellung der Bären bekommt Risse durch erzwungene Fehlpässe und Ballverluste, die umgehend und effizient bestraft werden. Mit einem 12:2-Run ziehen die Lankwitzer davon. Was ihnen hilft: Durch eine 12er-Rotation kommen alle paar Minuten frische, hungrige Kräfte aufs Feld, die in der Presse auf Bärenjagd gehen. Und auf der anderen Seite schaffen sie es auch, sich freie Dreier freizublocken und zu treffen. Zudem haben die zwei wichtigsten Bärenspieler bereits nach 15 Spielminuten je drei Fouls und treten längere Pausen an. Zur Pause sind elf Punkte Rückstand das Maximum, was sich die Bären erarbeiten können. 48:37.

Nach einer gefühlt viel zu kurzen Pause geht es weiter, und der Druck der Hausherren hält unvermindert an. Harte Arbeit für die Aufbauspieler, überhaupt in die gegnerische Hälfte zu kommen, harte Arbeit, Spieler freizublocken und den Ball zum Korb zu bekommen, und nicht selten müssen Punkte dann nach harten Fouls an der Linie verdient werden. Und die Quote sinkt: Nur einer aus sechs Freiwürfen, und auf der anderen Seite versenkt gerade ein frischer BBS-Spieler den nächsten Dreier zu 15 Punkten Vorsprung. Die Bären halten dagegen, erzwingen ein Paar Würfe und nutzen die Zeit an der Linie zum Durchatmen. Wieder zwei verwandelte Freiwürfe zum 61:48 – doch im nächsten Angriff bleibt die Pfeife trotz Foul stumm und der Frustabbau führt zu einem T – drei der fünf Startbären stehen nun bei vier Persönlichen – Auszeit Coach T zum Durchatmen. Noch einmal verwerfen die Lankwitzer ein Paar Würfe und schicken postwendend eine Neuverpflichtung des SVN an die Linie – drei aus vier – immerhin. Letzter Angriff BBS, es wird auf die Uhr geschaut. Querpass – und die Bärenmaus aus Barcelona springt dazwischen, geht zum Korb in der letzten Sekunde, wird gefoult – und bleibt eiskalt an der Linie. Einstelliger Rückstand! 62:53.

Mit heftig Foul Trouble stellt Coach T auf Zone um, man kann ja mal probieren. Und tatsächlich: Ein Wurf geht noch rein bei BBS, dann wird es irritierend schwach bei den bisher so souveränen Lankwitzern: Mit schnellen Beinen, zugestellten Räumen, aushelfenden Spielern hat man offenbar nicht gerechnet. Anstelle des kurzen, sicheren Passes werden Lobpässe über die Zone probiert, die immer wieder von mächtigen Bärenpranken abgefangen werden. Nach Ballverlust wird versucht, sofort zurückzupressen. Aber wir sind hier nicht beim Fußball, und so gibt es schnelle, unnötige Fouls. Bei 6:37 zu spielen hat BBS bereits fünf Teamfouls. Einfach wow! Ein Bärendienst. Und der Jagdinstinkt der Bären ist geweckt …

Woher nehmen die Locos diese Energie? So schnell wie im ersten Viertel bringen sie den Ball nach vorne, drehen sich um die eigene Achse, suchen den Zug zum Korb und treffen schwierige Korbleger. Dazu Offensivrebounds, Steals, Brawls auf dem Boden, die Gäste legen hier noch einmal alles rein – und schaffen mit einem 0:10-Run den Ausgleich – 64:64. Berlin Süd ist in hohem Maße irritiert – aber kann sich eigentlich trotzdem das Momentum zurückholen. In Minute 37 wird dem vierten SVN-Starter das vierte Persönliche angehangen und BBS geht für nicht weniger als neun Würfe an die Linie. Sicheres Punktepolster? Die wichtigsten Bärenspieler ausfoulen? Nichts dergleichen! Gerade einmal zwei Freiwürfe finden ihr Ziel, alle anderen sind zu kurz. Dazu schaffen es zwei Bigs der Hausherren, sich selbst rauszufoulen. Die ununterbrochene Presse hat wohl doch zu viel Kraft gekostet. Der SVN geht erstmals in Führung. Auszeit BBS. Die Bären machen einen schwierigen Layup – and One. Auf der anderen Seite noch einmal ein schön herausgespielter Dreier, der unglücklich wieder herausfällt – Fastbreak SVN – sicher verwandelt – 66:73. Auszeit BBS, verzweifelt jetzt.

Erste Punkte aus dem Feld für BBS nach acht (!!!) Minuten, schnelles Foul (wieder sinnlos) – die Bären eiskalt an der Linie jetzt: 68:75. Nur noch anderthalb Minuten auf der Uhr. Ballverlust der Hausherren, wieder, unglaublich, Fastbreak zum 68:77. Die Bären machen hier keine Fehler mehr und spielen jeden einzelnen Angriff kalt wie eine Hundeschnauze zu Ende, lassen beim Fastbreak im richtigen Moment noch einmal einen Verteidiger aussteigen oder wählen den Pass unter den Korb, obwohl auch der Dreier frei wäre, und treffen ihre Freiwürfe (6/7 in den letzten zwei Minuten). Der Wahnsinn endet mit einem zweistelligen Sieg: 74:84.

 

Mit einer schier unglaublichen Energieleistung erkämpfen sich die Bären hier den Auswärtserfolg. Im Duell der zwei besten Teams der Bezirksliga C hatte BBS durch Jugend, Spielerzahl und eine Killerstrategie alle Trümpfe in der Hand, um einen sicheren Heimsieg zu holen – trotz der nachgewiesenen Stärke des SVN 2. Doch mit einer defensiven Umstellung im letzten Viertel wurden die Lankwitzer kalt erwischt und 12:31 outgescored. Während die Bären spätestens mit dem Ausgleich auf einer Adrenalin-Welle schwappten, gingen den Hausherren am Ende Mut und Kräfte aus.

Über die gesamte Spielzeit zeigte die zweite Bärenmannschaft aber ihre technische Stärke und Effizienz, ohne die sie bereits in der ersten Halbzeit uneinholbar in Rückstand geraten wäre. 31 der 84 Punkte werden an der Freiwurflinie erzielt bei einer Quote von eindrucksvollen 72% (gegenüber 44% beim Gegner). Davon kann sich Team 1 definitiv eine Scheibe abschneiden.