Bezirksligagipfel in Kreuzberg: Bären holen die Tabellenführung

Als ob die Ansetzung des Ersten in der Tabelle (Türkiyemspor) gegen den Zweiten (SV Neukölln 09) an diesem Tag nicht schon Spannung und Wetteifer genug wären. In den Reihen der Hausherren von Türkiyemspor steht ein ehemaliger Neuköllner Bär! Das sollte doch Motivation genug sein, um klar zu machen, wem die Tabellenspitze gebührt. Aus Trainermangel fahren die erste Herren heute einen der erfahrensten Bären der zweiten Mannschaft als Coach auf. Der ist allerdings heiß auf seinen ersten Einsatz!

Das Spiel startet traditionell sehr nervös für die Bären. Die ersten Angriffe gehen durch ungenaue Pässe und Schrittfehler ins Nichts. Die Pranken sind noch kalt von der Lachsjagd in der letzten Woche und brauchen ganze vier Minuten, um warm zu werden. Den Gastgebern geht es ähnlich. Auch sie verlieren den Ball unnötig und können in den ersten Minuten nicht punkten. Es deutet sich ein zäher und hart umkämpfter Sonntagabend an. Dann aber scheint die Nervosität auf beiden Seiten abgelegt zu sein. Türkiyemspor geht in Führung, worauf die Bären aber eine Antwort unter dem Korb finden. Schlagabtausch: Die Gäste netzen einen Dreier und der SV kann mit seiner niederländischen Bärenfraktion antworten. Dann aber geben die Gastgeber Gas und können sich mit einem Run von 7-0 auf 14:8 absetzen. Die Bären ihrerseits sind damit nicht einverstanden. Eine Auszeit und ein Wechsel sorgen für die ersten beiden Dreier sofort nach Wiederanpfiff. Der SV Neukölln kann den Rückstand somit in der letzten Minute des ersten Viertels ausgleichen. Die Teams schenken sich nichts und sind nach zehn Minuten gleich auf: 14:14 .

Kann ein Spitzenspiel spannender sein? Beide Teams sind nun offensiv im Rhythmus und lassen schnelle Punkte folgen. Einer der Bären-Bigs wird mehrfach wegen „Schubsen“ unter dem Korb zurück gepfiffen und hat bereits jetzt Foul Trouble: zwei Fouls nach zwölf Minuten – er bleibt auf dem Feld – aus gutem Grund, wie sich gleich herausstellen wird. Beide Teams konzentrieren sich nun darauf, hart zum Korb zu gehen. Nach einem bärenstarken Block gegen einen zum Korb ziehenden Türkiyemsporer springt kurz eine Sicherung raus und der Spieler wirft seine Arm in das Gesicht eines Bären. Genau dieser Bär scheint solche Situationen geradezu anzuziehen und schreitet „temperamentvoll“ auf den Übeltäter zu. Sie stehen Stirn an Stirn, doch bevor sich die Spannung entladen kann, sorgen die Teams und Referees für Deeskalation. Allerdings sprechen sie ein technisches Foul an den Bären und ein unsportliches an den Initiator der Gastgeber aus. Scheinbar ist dies die Initialzündung, die der SV Neukölln gebraucht hat. Ab jetzt fallen die Dreier mit einer irren Quote: In sechs Minuten lassen es die Bären sechs (!) Dreier regnen! Zusätzlich zeigen die Bigs unter dem Korb, was sie können. Der SV legt mit diesem Push einen 5:22-Lauf aufs gegnerische Parkett – alle Punkte fallen entweder von der Dreierlinie oder direkt unter dem Korb. Die Gastgeber sind machtlos und brauchen dringend eine Auszeit. Diese wird von den mitgereisten Bären unter den Zuschauern frenetisch gefeiert. Nach der Auszeit kann Türkiyemspor noch ein Mal verkürzen. Nach intensiven zwanzig Minuten führen die Neuköllner Bären verdient: 33:44.

Die Gastgeber haben sich in der Kabine scheinbar Einiges vorgenommen. Sie kommen deutlich aggressiver in der Verteidigung zurück und pressen den Ball teilweise über das ganze Feld. Das verunsichert die Bären genug, so dass sie einige dumme Ballverluste im Spielaufbau der Bären provozieren. Dadurch entstehen auch leichte Punkte durch Fastbreaks für die Gastgeber. In den ersten fünf Minuten des dritten Viertels kann der SV lediglich einen Dreier aus der Not versenken – liegt aber trotzdem noch mit zehn Punkten vorne. Dank ihrer guten Defense, die vor allem durch aktive Helpside und Rebounding besteht, kann Türkiyemspor diese Dürrephase nicht ausnutzen. Die Struktur in der Offense des SV Neukölln ist völlig abhanden gekommen, darum nimmt der Bärencoach auch folgerichtig die Auszeit. Danach sind die Bären wieder fokussiert und können die Presse der Gastgeber durchbrechen. Es entwickelt ein Schlagabtausch, mit dem die Neuköllner gut leben können. Nach dreißig Minuten ist unklar, ob Türkiyemspor noch ein Mal herankommen kann: 45:57.

In dieser Phase bekommt unser Bären Big das gefühlte 13. Offensivfoul wegen „Schubsen“ unter dem Korb. Da er sich erheblich beim Referee beschwert, hat dieser keine andere Wahl, als ihm sein fünftes und damit letztes Foul zu geben. Damit sitzt einer der wichtigsten Bären in den entscheidenden Minuten auf der Bank. Türkiyemspor muss allmählich seinen Rückstand aufholen, da die Zeit zu drücken beginnt. In der letzten Minute schaffen sie es mit einem starken Dreier, auf sieben Punkte zu verkürzen. Allerdings wird die Zeit so knapp, dass die Gastgeber die Taktik des Foulens starten, um die Uhr anzuhalten. Sie spekulieren darauf, die Korbdifferenz noch einmal zu verbessern, falls es am Ende der Saison an der Tabellenspitze eng werden könnte. Mit dieser Taktik schneiden sie sich allerdings ins eigene Fleisch. Da die Neuköllner wissen, dass die Gäste schnell abschließen müssen, nehmen sie zu hastige Würfe und können nicht mehr punkten. Kaltschnäuzig riechen das die Bären und nutzen die geschenkten Freiwürfe, um den Vorsprung sogar noch auszubauen. Die Bären haben ungewöhnlich ruhige Pranken an der Linie und treffen 7/10. Am Ende zeigt das Scoreboard 61:72.

 

In einem würdigen Spitzenspiel erkämpfen sich die Bären im zweiten Viertel einen Vorsprung von 11 Punkten, den sie bis zum Schluss nicht mehr hergeben. Sie schaffen das nach einem emotionalem Moment, der fast in einen Kampf auf dem Feld abdriftet. Die Neuköllner Bären können diese Energie aber in eine märchenhafte Dreierquote ummünzen. Den Unterschied in diesem Spiel aber haben die Rebounds gemacht. Der SV kontrolliert die Bretter auf beiden Seiten und holt sich damit genug 2nd bzw. 3rd Chance Points. Ein weiterer Pfeiler des Neuköllner Erfolgs waren die Freiwürfe an Ende: Durch die hohe Intensität gab es viele Freiwürfe, bei denen sich die Gastgeber von Türkiyemspor nicht von ihrer Schokoladenseite zeigen konnten. Erneut konnte der SV Neukölln beweisen, dass er auch gegen Spitzenteams der Liga unter hohem Druck eine Führung halten und verteidigen kann. Das war nicht immer so! Doch die Bären haben auch einige Schwächen erkennen lassen, die es bis zum Rückspiel abzustellen gilt. Vor allem die Turnover bei starken Druck gilt es zu vermeiden und einen geordneten Spielaufbau durchzusetzen. Bleiben die Neuköllner konzentriert und geduldig, kann ihnen eigentlich kein Team in dieser Liga den Aufstieg streitig machen.