Nach zuletzt überzeugenden Auftritten zahlt der SV Neukölln 09 2 gegen Türkiyemspor Berlin Lehrgeld. In einer erst ausgeglichenen, dann aber einseitigen Partie behält der Tabellenführer der Kreisliga C die Oberhand und siegt zuhause mit 104:54.
Die Favoritenrolle ist bereits im Vorfeld des Spiels deutlich vergeben: Mit 8:0 Siegen marschiert das mit landesligaerfahrenen Spielern gespickte, neu gegründete Basketballteam von Türkiyemspor Berlin souverän durch die Kreisliga, während die zweite Mannschaft des SV Neukölln 09 noch um den Anschluss an die obersten Tabellenränge kämpft. Eine Niederlage am Südstern ist eigentlich eingeplant, aber über eine positive Überraschung würde man sich auch nicht beschweren.
Standard in der Kreisliga ist ein hochnervöser, punktearmer Beginn von beiden Mannschaften, so auch hier. Auf beiden Seiten des Feldes fallen in der Anfangsphase erstmal gar keine Würfe, dafür gibt es reihenweise Airballs zu bestaunen. Im Ballvortrag passieren auch dem Favoriten einige Fehler. Was an Konzentration fehlt, ist an Motivation da. Besonders die Bären haben überall ihre Pranken dazwischen, werfen sich auf freie Bälle und kämpfen um jede Situation. Die Gastgeber sind spürbar angekratzt und genervt von der unerwarteten Gegenwehr, treffen zwar sicher ihre Würfe von außen, agieren aber teilweise überheblich und bringen sich um ihren Vorteil. Ein per Dunk abgeschlossener Fastbreak wird „verstopft“, sinnlose Diskussionen mit den Schiedsrichtern stören den Spielrhythmus. Beim SV Neukölln gehen wie gewohnt zwei Kleinbären voran und machen Druck auf den gegnerischen Korb. Doch zu oft geht der Ball leichtfertig verloren, und zwei Offensivfouls erweisen dem Team einen Bärendienst. Kreuzberg nimmt eine leichte Führung mit – 15:10.
Mit enormem Einsatzwillen und physischer Stärke halten die Bären gegen die technisch überlegene Mannschaft von Türkiyemspor dagegen – fast jeder Rebound landet in den Händen der Gäste, an jedem zweiten Pass ist eine Bärenpranke dran. Und so belohnen sich die Gäste und holen im Eichhörnchenmodus auf. Ein Dreier zum 23:21 lässt die Kreuzberger an ihrer Überlegenheit zweifeln. Trotz Fullcourtpress über fast die gesamte Spielzeit lassen sich die Bären einfach nicht abschütteln. Doch mit einer ersten Flaute im Wurfglück der Gäste schlägt die Stunde eines Türkiyemspielers aus dem Backcourt: Innerhalb von drei Minuten schießt er seine Farben mit individueller Klasse zu einem 15:5-Run und verschafft dem Team einen beruhigenden Double-digits-Vorsprung zur Halbzeitpause: 38:26.
Die Bären haben in die erste Halbzeit alles reingelegt, was sie haben, und schauen fassungslos auf den trotzdem bestehenden Rückstand, dem sie nun hinterherlaufen müssen. Und mit dem dritten Viertel nimmt das Drama seinen Lauf: Plötzlich fehlt die Kraft, als Team mit vollem Einsatz gegen den Druck der Fullcourtpress gegenzuhalten. Fehler im Spielaufbau werden sofort und mit großer Sicherheit durch die Gastgeber bestraft. In sieben Minuten gelingen dem SV Neukölln 09 offensiv nur zwei Dreier und sonst nichts. Auf der anderen Seite kommt Türkiyemspor in derselben Zeit zu 19 Punkten und bringt die Gäste zudem durch flinkfüßigen Einsatz unter dem Korb in Foul Trouble. Den Bären fehlt an diesem Tag erkennbar die Frische und Standfestigkeit im Frontcourt. Doch dazu kommt die gnadenlose Effizienz der Gegenparts aus Kreuzberg. Nach dem dritten Viertel ist das Spiel beim Stand von 71:43 gelaufen – jetzt tut es nur noch weh.
Bis zum bitteren Ende zieht Türkiyemspor Berlin seinen Spielplan durch, spielt bis zur allerletzten Aktion Fullcourtpress und hält das Spieltempo sehr deutlich über Kreisliga-Niveau. Die Bären versuchen auf der anderen Seite, mitzugehen, und mit schnellen Abschlüssen von außen ihre nur noch theoretischen Chancen auf den Sieg zu wahren. So fällt die Trefferquote weiter, während die Gastgeber locker und sicher aufspielen können. Das letzte Viertel geht sogar dreifach an Türkiyemspor (33:11) und entsprechend deutlich wird auch der Punktestand am Ende: 104:54.
Dass sich dieses Spiel gegen den souveränen Tabellenführer nicht als Gradmesser für das zweite Team des SV Neukölln 09 eignet, galt im Vorhinein als sicher. Auf einer starken ersten Halbzeit lässt sich für die nächsten Spiele (und auch das Rückspiel zuhause) aber aufbauen. In der zweiten Hälfte dagegen bricht das Team unter dem Druck praktisch zusammen – besonders in die Stabilität des Frontcourts wurde aber schon wieder investiert. Man darf gespannt sein, wie (erfolgreich) die Bären die verbleibenden drei Saisonspiele bestreiten – alle drei gegen Mannschaften, die derzeit vor ihnen in der Tabelle stehen.