Loss in der Bärenhöhle – Flutscht der Aufstieg aus der Pranke?

Der SV Neukölln 09 verpasst im Duell mit Tabellenführer SC Siemensstadt nicht nur die Revanche für das knapp verlorene Hinspiel, sondern auch einen Big Point im Kampf um den Aufstieg. In einem umkämpften, nervösen Spiel gewinnen am Ende verdient die Gäste: 70:83.

Ein weiser Graubär sagte einst, dass das nächste Spiel immer das wichtigste ist, wenn es um den Aufstieg geht. Allerdings handelt es sich bei dieser Begegnung nicht nur um das nächste Spiel, sondern auch noch um das Duell mit dem Tabellenführer! Wenn es eine Mannschaft zu schlagen gilt, dann den SC Siemensstadt. Im Hinspiel gaben die Bären mit sechs Spielern erst in letzter Sekunde das Spiel aus der Hand. Heute ist der SV Neukölln 09 vollständig besetzt und muss die athletischen Vorteile gegenüber dem SC Siemensstadt zu Hause nutzen, um ein ernsthafter Anwärter für den Aufstieg in die Landesliga zu bleiben.

Die Bären beginnen fast schon traditionell wie aus dem Winterschlaf und brauchen ganze drei Minuten, um ins Spiel zu finden. Die Gäste sind in dieser Zeit bereits auf 0:7 davongezogen, weil sie sofort zu freien Würfen kommen, diese auch treffen und dazu sicher von der Linie punkten. Der SVN antwortet, kassiert aber auch postwendend, und muss bereits im ersten Spielabschnitt einem kleinen Rückstand hinterherlaufen. Was gegen die sehr erfahrenen Siemensstädter nicht unbedingt einfach ist: Diese spielen eine gut abgestimmte 3-2-Zonenverteidigung, die es den Bären zunächst schwer macht, in geeignete Abschlusspositionen nahe dem Korb zu kommen. Das erste Viertel geht mit 12:21 deutlich an den Tabellenführer.

Gleich zu Beginn des zweiten Abschnitts scheinen sich die Bären an die SCS-Zone gewöhnt zu haben: Allein ein Bär erzielt acht Punkte am Stück sowohl von außen als auch direkt am Korb. Auch hinten scheinen die Neuköllner nun etwas besser auszuhelfen und haben die Pranken in den Passwegen. Das zwingt die Gäste zu schlechteren Würfen. Doch auch so beweist der SC Siemensstadt seine Treffsicherheit, als mit der letzten Sekunde der Shotclock ein Wurf zwei Meter hinter der Dreierlinie reinfällt. Außerdem gehen viel zu viele Offensivrebounds an die Gegner – hier macht sich der Ausfall eines wichtigen Bären unter dem Korb bemerkbar. Doch die Neuköllner legen viele positive Emotionen in ihre Aktionen und gehen durch zwei erfolgreiche Dreier in Folge sogar mit einer Führung in die Halbzeitpause: 37:33. Der SVN dreht die Verhältnisse und gewinnt das zweite Viertel 25:12!

Nach dem Seitenwechsel machen die Neuköllner Bären zunächst da weiter, wo sie vor der Halbzeitpause aufgehört haben. Mit dynamischen Fastbreaks und erkämpften Offensivrebounds starten sie einen 6:0-Lauf, der ihren Vorsprung auf zehn Punkte anwachsen lässt. Doch die erfahrenen Siemensstädter lassen sich nicht aus der Ruhe bringen und kommen mit überlegten Offensivaktionen schnell wieder bis auf vier Punkte heran. Der SVN scheint defensiv keine Mittel zu haben, den cleveren Tabellenführer für längere Zeit zu stoppen. Entweder treffen die Gäste ihre offenen Würfe oder gehen eins gegen eins zum Korb bzw. zur Freiwurflinie. Die Emotionen kochen hoch, von beiden Seiten wird viel mit den Schiedsrichterinnen diskutiert. Und auf dem Höhepunkt der schlechten Laune tritt auch noch ein SCS-Spieler nach wie auf dem Fußballplatz – schlechte Idee! Nach kurzer Beratung (ohne Videoschiedsrichter) wird die Attacke als disqualifizierendes Foul gewertet, und der Übeltäter muss die Halle verlassen. Freiwürfe für die Bären und das Momentum scheint in Richtung Neukölln zu kippen. Doch die Bären foulen zu häufig, so dass einfache Punkte an der Linie abgegeben werden: Siemensstadt mit starken 9 aus 11 Freiwürfen im dritten Viertel. Bei den Neuköllnern hingegen ist plötzlich der Wurm drin, das erwartete Momentum bleibt aus. Die Gastgeber retten einen mageren Punkt Vorsprung in die Viertelpause: 59:58.

Das entscheidende Viertel beginnt, die Bärenpranken fangen an zu zittern und der Lachs wird langsam aber sicher glitschig: Die Bären spüren den kalten Atem der Siemensstädter im Fellnacken, und dann: Flashback! Sie verfallen wieder in klassische Handlungsmuster der Neuköllner Freiplätze, fangen an, sich gegenseitig zu beschuldigen und kopflos schlechte Würfe gegen den Mann zu forcieren. Siemensstadt übernimmt durch einen 0:10-Lauf locker die Führung: 60:68. Der SVN muss zusätzlich seine Presse aufgeben, da die erfahrenen Siemensstädter den Ball schnell bewegen. Mit dem Mute der Verzweiflung erkämpfen sich die Neuköllner noch einige Steals und gehen aggressiv zum Korb. Die Freiwürfe sind drin, und der Rückstand schmilzt auf vier Punkte. Allerdings gelingen zu wenig Stops in der Verteidigung, so dass die Punkte vorne keine Wirkung haben. Die Gäste sind zu clever und spielen die Zeit herunter. Am Ende ist der Sieg deutlicher, als es das Spiel hergab, da der SVN bis zur letzten Minute volles Risiko geht, um irgendwie noch einmal entscheidend heranzukommen. Doch ein letzter Run der Gäste ist die Folge, macht alles klar, und die Bären geben die große Siegchance im Aufstiegskampf aus der Pranke: 70:83.

 

Der Tabellenführer findet in jeder Situation eine Lösung gegen die Defense der Bären und lebt von der Erfahrung, in der Crunchtime die richtigen Entscheidungen zu treffen. Die Statistikliebhaber würden sagen, dass Wurfquote, Offensivrebounds und zu viele einfach Korbleger der Gäste das Spiel entschieden haben. Wer die Bären kennt, weiß allerdings, dass die nassen Schnauzen einfach noch nicht kalt genug sind. Bereits vor dem Spiel hatte man sich zu sehr vom Tabellenführer mental beeindrucken lassen. Die Bären spielten bei Weitem nicht mit ihrem etatmäßigen Selbstbewusstsein, so dass freie Würfe von außen und einige einfache Korbleger nicht so gut fielen wie gewohnt. Verloren wurde das Spiel aber in der Defensive. 83 Punkte dürfen in eigener Höhle einfach nicht zugelassen werden! So gibt es zum ersten Mal seit Februar 2017 wieder zwei Heimniederlagen in Folge für den SVN. Doch eine kleine Chance auf den Aufstieg in die Landesliga bleibt bestehen.